Hallo, liebe Leserin, lieber Leser,
dies wird die Geschichte von Jonas, Nathan und Noah.
Wie es anfing
Jonas wurde am 19.12.1994 geboren. Er war sofort unser kleiner Sonnenschein. Jonas kam mit ganz vielen dunklen Locken zur Welt und hatte auch leicht braune Hauttönung. Jeder der ihn sah, beneidete uns, um unser schönes Baby. Wir waren total happy, als wir nach 10 Tage Krankenhaus mit Jonas nach Hause konnten, um das erste Mal Silvester mit unserer kleinen Familie zu feiern.
Jonas Entwicklung verlief völlig normal. Wir trafen uns damals häufig mit den anderen Eltern aus dem Vorbereitungskurs, und hatten von daher immer einen Vergleich zu anderen Kindern. Jonas litt immer ein bißchen bei den Treffen mit anderen Kindern, weil alle an seinen langen Haaren ziehen wollten.
Christina unterbrach ihr Referendariat für ein Jahr, um viel Zeit mit Jonas zu verbringen. Durch Jonas Geburt konnte sie in eine Schule in der Nähe wechseln, wo sie ein weiteres Jahr später ihr Staatsexamen machte.
Zu diesem Zeitpunkt war Jonas 2 1/2 Jahre. Leichte Sorgen machte wir uns wegen seiner verzögerten Sprachentwicklung. Aber dafür konnte Jonas besser als andere Kinder puzzeln. Seine Feinmotorik war wirklich gut entwickelt, dafür war er aber auch ein sehr vorsichtiges Kind. Er sprang nie ein Stufe herunter oder versuchte irgendwelche Regal-Höhen zu erklimmen. Nichts worüber man sich Sorgen macht.
Wegen der Sprachentwicklung sprachen wir so ab 21/2 Jahren öfter den Kinderarzt an, der uns aber eher beruhigte. Verschieden Kommentare von verschiedenen Ärzten (HNO-, Kinder-): mein Kind ist fast 3 und spricht auch fast nicht, das kommt noch oder das ist die übertriebene Fürsorge der Eltern und und und. Das beruhigte uns immer wieder etwas. Wir waren mit Jonas wirklich glücklich.
Der einzige Schwierige war Jonas häufige Wachwerden nachts. Es gab Nächte, in denen Christina und später abwechselnd ich, bis zu 4 Mal (11:00 Uhr bis morgens 6:00 Uhr) aufstanden. Durchschlafen hieß für uns von 24:00 bis 5:00 in einem Stück zu schlafen.
Als Christina mit dem Referendariat fertig war wünschten wir uns ein zweites Kind:
Nathan, unser zweiter Sohn wurde am 25.01.1998 geboren. Glücklicherweise war Christinas Mutter an diesem Tag noch bei uns zu Besuch, da Christina 1 Woche vor der Geburt noch eine kleine Zahnoperation hatte und sich schonen musste. Während ich den ganzen Tag vor der Rückfahrt unkte: Es wäre schon praktisch für uns, wenn Nathan diese Nacht kommen würden: und so war es denn auch.
Wir hatten dieses Mal ein wirklich schönes Geburtserlebnis. Nathan war auch ein total süßes Kind und alle Leute meinten nur: Oh, das ist ja ein zweiter Jonas. Aber auch, dass er ein kleine Ähnlichkeit mit mir (Stephan) hat, während Jonas immer Christina wie aus dem Gesicht geschnitten aussah. Nathan war und ist ein zartes Kind. Jonas übte schon mal ganz früh (Nathan war noch im Krankenhaus): „Nein, Nathan nicht!!. Das kann er heute noch gut.
Wir waren überglücklich. Besser konnte alles nicht kommen.
Nathan fiel durch spätes Drehen in Bauchlage und so ein bisschen auf, aber alles noch harmlos, weil er bei den Standarduntersuchungen dann auch alles schön vorgemacht hat, was von ihm erwartet wurde. Da Jonas Verzögerungen auch in der Grobmotorik auffällig wurden, haben wir natürlich besonders auf Nathan geachtet.
Wie es weiterging
Mit 10 Monaten bekam Nathan einen Schnupfen, dann Mittelohrentzündungen und dann wechselten sich ständige Erkältungen mit Atemwegsinfekten, Bronchitis usw. ab. Er müßte praktisch jedesmal Antibiotika bekommen. Zusätzlich hatte er eine Kyphose, einen dicken Bauch, Nabelbruch und mit 11/2 einen Leistenbruch. Dazu kommen noch ein Reflux und auch Entwicklungsverzögerungen. Zufällig waren wir in einer Kinderklinik in der nähe bei einer Ärztin gewesen, die uns fragte, ob unsere söhne schon auf Stoffwechselstörungen untersucht wurden. Sie untersuchte gerade Nathan und stellte uns auffällig viele Fragen, bis ich ihr sagte, dass wenn Ärzte so spezielle Fragen stellen, Eltern immer hellhörig werden. Noch ein Kommentar, als sie Jonas hereinkommen sah: Ach, und der Große ist auch retardiert (wir hielten Jonas zu diesem Zeitpunkt noch für normal, wenn auch etwas sprachauffällig). Na ja, Fazit: sie erzählte uns was von „mukopoewejoijfeiee“ (ich konnte das zu diesem Zeitpunkt zum Glück weder verstehen noch Lesen).
Wir fragten unsere Kinderärztin, die uns einen Termin mit einem „Spezialisten“ vereinbarte. Den haben wir kurz danach mit einem Humangenetiker (?wozu?) wahrgenommen. Na ja, und der versetzte uns einen Riesenschock. Wir konnten beide nicht mehr klar denken und waren am Boden zerstört. Keine Ahnung, wie alles weitergehen sollte. Ich ging am nächsten Tag noch arbeiten, aber hatte immer nur einen Satz im Kopf, der sich in meinen Gedanken festsetzte: „Die meisten Mukopolysaccharidosen zeigen einen zunehmend schweren Verlauf und führen oft schon im Jugendalter zum Tod“.
Ich konnte nicht mehr und Christina ging es nicht besser. Ich glaube, an diesen Tagen gingen wir wie durch einen Nebel. Ich habe 2 Tage! freigenommen und wir 4 sind erstmals viel unterwegs gewesen. Ich habe meine Verzweiflung in einer Mail an unsere Freunde und Nachbarn versandt, mit der Bitte uns nicht anzusprechen.
Ich habe im Internet geforscht und bin auf die Elterngruppe gestoßen: www.mps-ev.de.Der MPS-Arzt in Deutschland, in Mainz lud uns gleich nach 2 Tagen zur Untersuchung ein. Dort angekommen, bestätigte er gleich nach einer eher oberflächlichen Untersuchung diesen schrecklichen Verdacht: MPS 3a, „Sanfilippo“: das bedeutet, die Kinder verlieren alles gelernte, werden hyperaktiv (werfen Gegenstände, grabschen nach allem und zwar blitzschnell, weglaufen, umsichschlagen, rumspringen -alles kaum vorstellbar, weil hyperaktiv klingt nicht so aktiv, wie es ist), verfallen aber anschließend immer mehr.
So, damit mussten und müssen wir immer noch fertig werden. Einige der sanfilippo-Eltern haben den www.deutschen-kinderhospizverein.de gegründet, um Eltern mit einer solchen Diagnose auffangen zu können, und sie die ganzen Jahre über begleiten zu können auf diesem extrem steinigen weg. Lesen doch auch mal unsere Homepage www.achtstaetter.de. Dort sind viele deiner fragen auch aufgeführt, bzw. bei der österreichischen mps-Gesellschaft auch sehr gut beantwortet. www.mps-austria.at
Sommer 2000
Mit dem Schlafen ist es so eine Sache: Wenn Jonas mal gut schläft, schläft er von abends 20:00 Uhr bis morgens spätestens 5:30 Uhr. Meistens wachte er aber früher auf, und wir wechseln uns nach Möglichkeit mit dem „Frühdienst“ ab. Die andere Sache ist die, dass wenn Jonas mal gut schläft, will Nathans uns die Nacht „schenken“. Dann tobt er gerne herum. Einer von uns (meistens Christina) liegt dann in seinem Zimmer, und Nathans robbt über uns rüber oder spielt in seinem Laster (mit Blaulicht, welches auch ganz schön rattert, an Schlaf ist da nicht zu denken!).Seit ungefähr seinem 5-ten Geburtstag hat die Stoffwechselstörung richtig angefangen ihre Spuren bei Jonas zu hinterlassen. Er macht viele Rückschritte.
Jonas Aktivität strengt immer mehr an. Wir sind hilflos, wenn er nach allem greift, Nathan schubst, versucht alles umzustoßen oder umzuwerfen. Beim Essen holt er manchmal sein gerade Gekautes aus dem Mund und wirft es zu Boden oder er greift ganz ganz schnell nach einem Becher, der auf der anderen Tischseite steht, und wirft auch alles um. Oder sein blitzartiges Greifen nach unserem Essen kann man kaum verhindern. Die Tür nach draußen haben wir mittlerweile mit einem Drehknauf gesichert, damit er nicht wegrennen kann (beliebte Methode unter den Sanfilippo-Eltern). Überhaupt lernt man bei den Kindern in dieser Phase eher die etwas hektischen Eltern kennen. Außerdem lässt er nichts zu, wobei er kurz ruhig halten muss: Haare schneiden (da bat uns der Friseur nicht mehr mit Jonas zu kommen), Zähne putzen (geht fast nur zu zweit), Hände waschen, Ohren untersuchen, Fieber messen, Medikamente geben (geht eigentlich gar nicht, er spürt schon immer, wenn etwas beigemengt wurde: ein fast idealer Vorkoster, wenn er auch etwas anderes als Joghurt und Kartoffeln essen würde).
Jonas ist oft total fröhlich, z.B. wenn wir in den Tierpark gehen, er liebt Tiere über alles, hat ganz viele Tierbücher und kennt viele Tiernamen, sogar teilweise die Tierkindernamen, z.B. Fohlen, Lamm usw.. Er hat immer einige Tierbücher, die er so sehr liebt, dass er sie überallhin mitnimmt, dadurch werden sie ziemlich schnell zerliebt, aber dann bekommt er eben ein neues. Die Diagnose hat uns wenigstens etwas Gelassenheit gegeben, dass z.B. kaputtes Spielzeug unsere wenigstens Sorgen sind. Im Garten spielt er gerne auf seinem Quadro, dass bei uns als hohes Haus mit Rutsche aufgebaut ist und fährt mit seinem Trettrecker. Er kann viele Sachen nicht mehr, die er vor kurzer Zeit noch konnte, z.B. sich alleine Anziehen, normal mit dem Löffel essen, Puzzle machen, sich ruhig ein Buch ansehen, beim Buch vorlesen zuhören, er merkt, dass irgendwie alles anders ist und weint und schreit dann. Da wir natürlich auch darüber ziemlich verzweifelt sind, ist die ganze Situation oft sehr schwierig. Kurze Zeit später kann er dann aber wieder lachen, wenn man ihn kitzelt oder Spaß mit ihm macht.
Nathan ist zur Zeit richtig niedlich. Er spricht zwar nicht, begeistert aber jeden mit seiner Mimik. Er kann so richtig Grimassen schneiden, die seine Gefühle ausdrücken. Oder Papa nachmachen, wenn dieser schimpft. Dann steht Nathan auf seinem Tripp-Trapp ganz oben, lautiert mit erhobenem Zeigefinger in Richtung Jonas oder Hunde oder klatscht mit der flachen Hand auf den Küchentisch. Wenn er etwas will, schaut er von schräg unten mit klimpernden Wimpern und leicht zusammengekniffenen Augen nach oben -keiner kann widerstehen. Nathan spielt am liebsten zuerst mit einem neuen Bällebad (1500 Bälle wollen im Wohnzimmer verteilt werden), oder mit seinem Spielstaubsauger.
Er kann aber auch ziemlich eifersüchtig auf seinen Bruder sein und ziemlich rumschimpfen, wenn Jonas mal auf meinem Schoß sitzt. Er liebt seinen großen Bruder und macht allen Quatsch, den Jonas vormacht gerne nach. So kann er sich sehr gut selbst beschäftigen, er schaut sich Bücher an, saugt Staub oder packt irgend etwas aus oder ein. Aus und einpacken macht Jonas zu Zeit auch unheimlich gerne.
Jonas konnte so viel: er konnte sich alleine Anziehen, selbstständig essen, Geschirrspülmaschine ausräumen, war ab drei Jahre sauber, machte 40 teilige Puzzle, wunderschön und lange mit Duplo oder seiner Holzeisenbahn spielen, ziemlich gut sprechen. Und jetzt seit einem 1/2 Jahr, seit seinem 5 ten Geburtstag geht es ganz schnell bergab. Wir habe nicht gedacht, dass es so rasant geht, er hat innerhalb des letzten 1/2 Jahres fast alles verloren und er und wir sind oft ziemlich verzweifelt. Man fühlt sich so hilflos als Eltern und kann nichts für ihn tun. Er bekommt ziemlich viel mit, was er nicht mehr kann und schreit und weint sehr sehr viel… Auch wenn er gerade um sich schlägt, ruft er verzweifelt nach Mama oder Papa und will festgehalten werden. Wir versuchen irgendwie ihm das Leben so angenehm wie möglich zu machen, aber es ist sehr schwer. Wir waren gerade im Urlaub an der Nordsee, dort am Strand konnte er sich richtig schön austoben ohne, dass wir ständig Angst vor dem Weglaufen haben mussten. Er ist dort auch das erste mal auf einem Pony geritten, es hat ihm auch viel Spaß gemacht.
Nathan hingegen ist zu Zeit relativ zufrieden und glücklich. Leider merkt Jonas auch, dass Nathan jetzt einiges besser kann als er und das führt zu viel Aggression, die Ja auch verständlich ist. Wir haben im Moment das Gefühl, dass uns auch alle Freunde nicht verstehen können, wie schlimm die Situation ist. Und das dann auch noch mit dem Hintergedanken, dass alles bei Nathan auch noch eintreten wird.
Jonas 21.06.2002
Jetzt ist schon lange Zeit vergangen und wir haben unsere Geschichte auf der Homepage nicht weitergeschrieben. Also nun jetzt.
Wir hatten Sommer 2000 ziemlich kurzfristig entschieden, dass Jonas nach seinen vielen Rückschritten lieber in einen Sonderkindergarten gehen solle. Zum Glück haben wir dann sofort im Sommer 2000 einen Platz erhalten. In diesem Sommer wuchs und wuchs Jonas Unruhe und seine Unlenkbarkeit. Noch Ostern 2000 konnte ich mit Nathan im Kinderwagen und Jonas an der Hand laufend durch den Tierpark spazieren. Das ging nach diesem Sommer nicht mehr. Wenn Jonas draußen frei laufen soll, läuft er immer, aber wirklich immer, in die andere Richtung oder lässt sich schreiend auf den Boden fallen, wenn man ihn in die richtige Richtung schieben möchte.
Wir mussten und müssen unsere Wohnung Jonas Unlenkbarkeit anpassen. In der Küche haben wir eine Tür, die aussieht als hätte sie im oberen Drittel ein Glas, nur dass dort nichts ist, damit die Kinder in die Küche schauen können wenn ich darin arbeite. Jonas kann nicht mehr alleine in die Küche, da er sonst alles, aber wirklich alles, was rumsteht runter werfen würde. Im Wohnzimmer steht auch nichts herum, woran sich Jonas verletzen könnte oder was durch herunterwerfen zerbrechen könnte. Der Fernseher ist festgemacht, so dass er nicht umgeworfen werden kann. Alle Türen zu wichtigen Räumen, wie Badezimmer, Arbeitszimmer sind abgeschlossen. Weil wir nach und nach ganz viel Spielsachen, mit denen Jonas gerne gespielt hat ( z.B. Playmobile, Puzzle, Gesellschaftsspiele) wegnehmen mussten, weil Jonas alle Kleinteile in den Mund nimmt und runterschluckt, haben wir für die Kinder ein Bällebad gekauft. Es ist ein großes Planschbecken mit 2000 kleinen Bällen. Beide Kinder haben ganz viel Spaß damit.
Um Weihnachten 2000 konnte plötzlich Jonas nicht mehr schlafen. Seine Unruhe war so stark, dass er nicht mehr liegen bleiben konnte, wenn wir uns zu ihm legen wollten, gab es nur Geschrei. So haben wir nach Anraten vieler MPS-Eltern und unserem Kinderarzt Jonas mit einem Segufixgurt im Bett fixiert. Der Gurt ist am Bett befestigt und geht dann um Jonas Bauch mit einer anderen Schlaufe. Jonas kann sich damit drehen, wenden, sogar hinsetzen, aber eben nicht aufstehen. Für uns Eltern war es sehr sehr schwer damit anzufangen. Aber Jonas hatte Tage/Wochen so gut wie überhaupt nicht mehr geschlafen und war dadurch auch immer schlecht gelaunt und kam einfach nicht zur Ruhe. Mit dem Gurt konnte Jonas wieder besser schlafen. Mit der Zeit gewöhnten wir uns alle daran, aber trotzdem auch heute nach über einem Jahr tut es mir oft noch weh, Jonas abends anschnallen zu müssen.
Jonas Rückschritten sind so stark, dass er von einem leicht entwicklungsverzögerten Kind jetzt zu einem schwerst geistig behinderten Kind, mit ganz vielen Verhaltensauffälligkeiten innerhalb von einem Jahr sich zurück entwickelt hatte.
Trotzdem ist Jonas in seinen guten Phasen ein fröhliches Kind. Auf seine Art „spricht“ er mit uns. Er hat ein wunderschönes Lachen und sagt so gar manchmal noch „Hallo Mama“. Er zeigt uns, wie man leben und fröhlich sein kann, obwohl alles so schlimm ist.
Wir sind sehr froh, dass Jonas jetzt in den heilpädagogischen Kindergarten geht. Er fühlt dort sehr wohl und ist super aufgehoben. Aufgrund der vielen Kindergartenwechsel in seinem Leben haben wir eine Rückstellung für die Schule beantragt und erhalten. So konnte Jonas ein Jahr länger im Kindergarten behütet werden. Seine Unruhe und Rastlosigkeit sind aber weiter so gestiegen, dass der Kindergarten für ihn eine Einzelbetreuung beantragt und bekommen hatte. Jetzt geht es nach den Sommerferien 2002 in die Geistigbehinderten Schule. Noch haben wir die Einzelbetreuung für die Schule nicht ganz durch. Wir hoffen, dass es dort so gut klappt wie im Kindergarten.
Nathan - 2002
Nathan hat sich besser entwickelt als wir es nach seinem ersten Jahr vermutet hätten. Er spricht zwar nicht mit Worten, kann sich aber super mit Gestik und Mimik verständigen. Er kann jetzt sehr gut auch längere Strecken laufen, will es aber oft nicht. Durch unsere ganze Geschichte ist Nathan natürlich sehr verwöhnt worden, was bei ihm einen sehr dicken Kopf beim Durchsetzen von seinem Willen ausgelöst hat. Seit Sommer 2001 geht er in den gleichen heilpädagogischen Kindergarten wie Jonas, aber in eine andere Gruppe. Er geht dort super gerne hin, sobald der Kleinbus für den Kindergarten morgens vor der Tür steht rennt er lachend auf den Zivi zu. Er ist ein wundervolles Kind, das durch sein Lächeln ganz viele Leute begeistern kann. Auch fremde Menschen, die gar nichts von seiner Krankheit wissen, haben uns oft über unser süßes Kind angesprochen. In seiner ersten 4 Jahren seines Lebens hat er so vielen Menschen durch seine Art, seinen Charme zum lächeln gebracht, dass er denke ich mehr in dieser Welt verändert hat, als manch ein anderer in einem ganz langen Leben.
Leider merken wir seit ein paar Wochen, dass auch Nathan unruhiger wird. Was bei uns wieder ganz viel Traurigkeit hervorruft. Wann werden seine Rückschritte beginnen? Wir hatten das Glück in den letzten Jahren vielen nette Leute kennen zulernen, unter denen wir auch richtige Freunde gefunden haben. Mit alten Freundschaften ist es sehr schwierig geworden. Einige konnten mit uns den Weg gehen, vielen anderen ist unser Schicksal zu schwierig, unsere Kinder zu anstrengend, wir vielleicht zu anders geworden? Wir haben gemerkt, dass wir unter ebenfalls betroffenen Familien leichter reden können. Ich finde ich es auch sehr Schade, dass viele Kontakte abgebrochen sind. Aber das ist wohl oft so, wenn man sich in einer neuen Lebenssituation findet, egal in welcher.
Wir versuchen unseren Kindern in ihrem Rahmen ein glückliches Leben zu ermöglichen. Wenn sie lachen und sich freuen, sind auch wir glücklich. Ich denke, dass Außenstehende nicht verstehen können, dass trotz aller Schwere des Lebens, gerade diese Kinder unsere Welt bereichern.
Hurra, nun zu Dritt (12.11.2005)
Es ist nun lange her, dass wir etwas über uns geschrieben haben. Nun wir hatten auch einiges zu Verarbeiten. Am 26.01.2004 ist Noah geboren. Nun ist es schon fast 2 Jahre alt und wir haben das Gefühl, die Zeit vergeht wie im Flug. Jonas, Nathan und Noah kommen prächtig miteinander klar. Wir hatten es uns nie so schön vorgestellt, wie es gekommen ist. Später versuche ich noch ein paar Geschichten über die Drei zu schreiben, aber zunächst will ich erstmal Photos sprechen lassen. Noah konnte von Anfang an inmitten seiner Brüder aufwachsen. Beide haben immer aufgepasst, dass sie nicht über ihn gestolpert sind. Diese Photo haben wir im März 2004 aufgenommen. Unsere Angst war immer, dass wir wenn die Großen herumtoben, wir Noah in „Sicherheit“ bringen müssten. Wir man hier erkennen kann, war das selten nötig.
Selbst beim Wickeln der „Großen“ konnten wir Noah dazulegen. Und beim Essen konnte er schon mit ein paar Monaten teilhaben.
Das Jahr 2007 (15.08.2007)
Da wir leider nicht so viel Zeit haben, kann unsere Homepage nicht mit unseren Erlebnissen mitwachsen. Seit wir unser größeres Auto haben, sind wir wieder mobiler geworden und können auch mehr mit allen unseren Jungs unternehmen. Jonas hat seit Silvester 2006 starke epileptische Anfälle (Grand Mal). In einer Nacht hatte er mal 2 Anfälle hintereinander, zum Glück haben wir diese mitbekommen und konnten schnell zur Stelle sein. Einige Wochen haben wir sehr wenig geschlafen, da wir immer mit einem Ohr nach Jonas gehört haben. Wegen der häufigen Anfälle wurde er mit verschiedenen Medikamenten eingestellt. Leider brauchte es 3 Versuche bis er das verträglichste Medikament bekam, das auch noch gewirkt hat. Jonas war von Januar bis Juni so schlapp und bewegungslos, dass wir schon befürchtet haben, dass er so rapide abbaut. Zum Glück stellte sich heraus, dass er so stark auf die (vielen) Medikamente reagierte. Wie gesagt, selbst im Bett hat er sich überhaupt nicht mehr gerührt, wir waren schon sehr verzweifelt. Was uns in dieser Zeit Stärke gegeben hat, war Jonas gute Laune und Freude, die er trotz allem ausgestrahlt hat.
Seit Ende Juli geht es ihm immer besser, sogar so gut, dass alle, die ihn nur zwischenzeitlich sahen völlig überrascht waren. Er hatte im Kinderhospiz Balthasar 2 schöne Wochen mit Nathan verbracht, 2 Wochen bei der Stadtrandfreizeit der Lebenshilfe Aachen und eine Woche bei einem Seminar von Marlies Winkelheide. Dort haben wir uns mit anderen, vielen bekannten, Familie zum Thema „Wir Geschwister“ zum Thema Geschwisterkinder auseinandergesetzt.
Jonas fühlt sich bei solchen Unternehmungen immer ganz wohl, ihm gefällt es sehr, wenn wir mit vielen Menschen zusammenkommen. Nathan kann sich auch gut einfühlen, aber er braucht immer seine Rückzugsmöglichkeiten. Und auch Noah war vom vielen Urlaub ganz mitgenommen, er freute sich bei jeder Fahrt: „Urlaub gehen“. „Was machen wir heute?“.
Jonas und Nathan haben eine richtig schöne Geschwisterbeziehung. Es fällt richtig auf, wie sich Nathan in Jonas Nähe beruhigen und ablenken lässt. Er sucht sie direkt. Jonas ist für Nathan und Noah der große Bruder!
Nun (August) hat sich Jonas so gut an die Medikamente gewöhnt (Liskantin), dass er wieder unruhiger geworden ist. Uns beruhigt das nun allerdings, weil wir damit das Gefühl haben, dass Jonas ein Teil seiner Selbständigkeit zurück gewonnen hat. Seit Monaten konnte er nur an der Hand gehen und geführt werden, ich glaube, dass ihn das gestört hat.
Jonas und Nathan im Sommer 2008 beim Geschwisterseminar von Marlies Winkelheide